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Vom Einfamilienhaus ins Stockwerkeigentum umziehen?

Das Einfamilienhaus verkaufen und in eine Eigentumswohnung ziehen. Eine solche Entscheidung werden vor allem ältere Eigenheimbesitzer fällen (müssen). Es gibt gute Gründe für beide Wege.

Wohnen
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20.05.22 - 16:14 Uhr
Pro-Contra: vom Einfamilienhaus in die Stockwerkeigentümergemeinschaft
Pro-Contra: vom Einfamilienhaus in die Stockwerkeigentümergemeinschaft
123rf

von Beat Bernhard, eidg. dipl. Immobilien-Treuhänder, Immobilienbewirtschafter mit eidg. FA und Immobilien-Vermarkter mit eidg. FA

Die Demografie zeigt, dass die ältere Bevölkerungsschicht in unserer Gesellschaft rasant steigt. In dieser Bevölkerungsgruppe bewohnen seit Jahrzehnten zunehmend ältere Leute ihr Einfamilienhaus noch selber. Im Alter überlegen sich viele, dieses zu verkaufen und eine Eigentumswohnung zu erwerben. 
Warum überlegt sich jemand sein Einfamilienhaus, in dem er mit seiner Familie Jahrzehnte gewohnt hat, zu verkaufen? Mit dem Eigenheim sind ja auch viele Emotionen und schöne Familienerlebnisse verbunden. Mögliche Gründe sind: Keine Gartenarbeiten mehr, weniger Reinigungsarbeiten in einer Wohnung, einfacher, eine Wohnung abzuschliessen und zu verreisen. Weitere Gründe können sein: Geringere Unterhaltskosten oder Kindern/Enkelkindern die Möglichkeit bieten, das Haus zu übernehmen. 

Ist Stockwerkeigentum das Richtige?

König in den eigenen vier Wänden und gleichzeitig Mitglied einer Gemeinschaft zu sein – das ist Stockwerkeigentum.
Stört sich hingegen jemand an Kinderlärm im Garten, am Musizieren des Nachbarn, an fremden Gerüchen aus der Küche oder fürchtet sich jemand vor dem vorhandenen Konfliktpotenzial, dann ist Stockwerkeigentum nicht das Richtige.
Wer jedoch gerne Betrieb um sich hat, sich gerne mit anderen Menschen austauscht oder kompromissbereit ist, dann kann Stockwerkeigentum das Richtige sein. Folgendes muss man aber beim Kauf einer Eigentumswohnung wissen: Zusammen mit der Wohnung wird auch ein verpflichtendes Reglement und vergangene Versammlungsbeschlüsse übernommen. 

Drei Bereiche des Stockwerkeigentums

Das Stockwerkeigentum besteht aus drei Teilbereichen: dem Sonderrecht, den gemeinschaftlichen Teilen und dem ausschliesslichen Nutzungsrecht. 
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft besteht im üblichen Fall seit dem Bau des Gebäudes. Es wird dann äusserst schwierig, entsprechende Mehrheiten für Änderungen im Reglement oder sogar eine Veränderung eines ausschliesslichen Nutzungsrechtes (z. B. Vergrösserung eines Gartenanteils) erwirken zu können. Freunde schafft man sich damit meistens auch keine. 
Auch in der eigenen Wohnung (Sonderrecht) dürfen gemeinschaftliche Teile (z. B. tragende Wände, gemeinschaftliche Leitungen) nicht ohne Einwilligung der Gemeinschaft verändert werden. 
Normalerweise zahlt man auch einen bestimmten Betrag in einen Erneuerungsfonds ein, welcher bei einem Verkauf der Wohnung in der Gemeinschaft bleibt. Dieser Fonds muss entsprechend dem Alter des Gebäudes gut geäufnet sein.
Es können auch Versammlungsbeschlüsse zustande kommen, die schlussendlich nicht durchgesetzt werden können. Hier ein Beispiel: Jemand hat in seinem Gartenanteil etwas ohne Einwilligung der restlichen Eigentümer verändert und muss diese Veränderung zurückbauen. Ein Versammlungsbeschluss ist vorhanden. Dieser Eigentümer hält sich aber nicht daran und baut nicht zurück. Die einzige Möglichkeit ist nun, diesen Versammlungsbeschluss rechtlich durchzusetzen. Das benötigt jedoch einen weiteren Versammlungsbeschluss, der die Verwaltung oder einen Anwalt bevollmächtigt, rechtliche Schritte gegen den säumigen Eigentümer einzuleiten. Findet dann dieses Traktandum keine Mehrheit, ist der vorige Versammlungsbeschluss leider nicht durchsetzbar. 
Solche Probleme/Konflikte kann es in jeder Stockwerkeigentümergemeinschaft geben. Ein einzelnes Mitglied dieser Gemeinschaft hat keine Möglichkeit, etwas allein durchzusetzen. Auch der Verwaltung sind in solchen, eher seltenen Fällen, die Hände gebunden. Es wird darum empfohlen, sich die Versammlungsprotokolle mindestens der letzten zehn Jahre anzusehen. 

Gründe für weitere Unstimmigkeiten

Hat die Gemeinschaft öfters die Verwaltung gewechselt, liegt das meist nicht an der Verwaltung, sondern an der Gemeinschaft selber. 
Wird die Gemeinschaft von einer Verwaltung betreut, bei der jedes Jahr ein anderer Vertreter die Versammlung leitet, ist das kaum zufriedenstellend. Der «neue» Versammlungsleiter kennt oftmals weder die Gepflogenheiten der Gemeinschaft noch ist er genug motiviert (oder im schlimmsten Falle gar nicht ausgebildet) für eine solch anspruchsvolle Tätigkeit.
Im eigenen Einfamilienhaus sieht das anders aus. Dort können die Eigner schalten und walten, wie es ihnen beliebt. Bei einem Streit mit einem Nachbarn entscheidet einzig und allein der Eigentümer des Einfamilienhauses, ob und wie er rechtliche Schritte einleiten will. 

Fazit

Es soll gut überlegt sein, ob jemand aus seinem jahrzehntelang «alleinbeherrschten Einfamilienhaus» in eine Gemeinschaft wechseln will. Gefragt sind Ehrlichkeit und ein Abwägen, ob man bereit ist, Kompromisse einzugehen. 
Finanziell wird sich ein Wechsel vom Einfamilienhaus in eine Wohnung im Stockwerkeigentum sicher lohnen.

 

Beat Bernhard
Flumisgasse 17, 7204 Untervaz
081 322 70 70

www.bernhard-treuhand.ch

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