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Die Leute kehren nur langsam in die Kinos zurück

Die Schweizer Kinos haben in diesem Jahr rund einen Drittel weniger Umsatz gemacht als noch vor der Pandemie. In Netstal sieht es ein bisschen besser aus. Betreiber Patrick Tavoli sieht dem nächsten Jahr optimistisch entgegen. Dafür bereitet ihm der Winter Sorgen.

Paul
Hösli
08.09.22 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Verhalten optimistisch: Patrick Tavoli denkt, dass es sich 2023 wieder mehr Menschen in den Kinosesseln bequem machen werden.
Verhalten optimistisch: Patrick Tavoli denkt, dass es sich 2023 wieder mehr Menschen in den Kinosesseln bequem machen werden.
Bild Sasi Subramaniam

Fast 2 Millionen Schweizerinnen und Schweizer pilgerten 1998 ins Kino, um sich den Mega-Blockbuster «Titanic» von Regisseur James Cameron mit Leonardo Di Caprio und Kate Winslet in den Hauptrollen anzuschauen. Der Film über den 1912 gesunkenen Luxusdampfer spülte weltweit 2,2 Milliarden Franken in die Kinokassen und avancierte somit zum dritterfolgreichsten Film der Geschichte. In der Schweiz ist er sogar der erfolgreichste Kinofilm überhaupt. Der letzte Film, der nach 2010 die Millionengrenze an Zuschauenden hierzulande knackte, war der Actionstreifen «Skyfall» mit James Bond von 2012.

Von solchen Zahlen können die Kinos in der Schweiz derzeit nur träumen. Der bereits zuvor schwächelnden Industrie wurde durch die Coronapandemie erst recht das Licht ausgeknipst. 128 Tage blieben die Leinwände in den Kinos dunkel. Die Coronamassnahmen gehören der Vergangenheit an, seit Mitte April 2021 sind die Kinos hierzulande wieder offen, und im Februar dieses Jahres wurden in der Schweiz praktisch alle Restriktionen aufgehoben. Keine Masken, keine Einschränkungen, nur Filmvergnügen pur.

2023 gibts mehr Blockbuster

Ein Happy End also? Weit gefehlt, die Schweizer Kinosäle sind im Vergleich zu 2019 rund ein Drittel weniger gut besucht. National sieht es nicht so prickelnd aus. Wie präsentiert sich die Lage im Glarnerland? «Netstal ist weniger betroffen als der Rest der Schweiz», sagt Patrick Tavoli, Geschäftsführer von Kinobetreiber Arena Cinema. Aber auch in Netstal würden die Zahlen unter denjenigen vor der Pandemie liegen. Tavoli sieht jedoch den Silberstreifen am Horizont, wie er sagt: «Es finden immer mehr Menschen den Weg zurück in die Kinos, was uns sehr freut.»

Weshalb es weniger Leute als vor der Pandemie in die Kinos zieht, erklärt Tavoli wie folgt: «Nach zwei Jahren der Störung ist es normal, dass sich die Menschen wieder an ein normales kulturelles Leben gewöhnen.» Zudem sei in diesem Jahr die Zahl an Blockbustern geringer als vor der Pandemie. Es gab sie jedoch sehr wohl, die sehr gut besuchten Filme wie «Top Gun: Maverick», «Jurassic World 3» oder «Minions 2». «Top Gun» ist national der meistbesuchte Film des Jahres bisher, auch in Netstal.

Patrick Tavoli macht den Filmfans aber Mut und verspricht für 2023 mehr Blockbuster. «Dies wird höchstwahrscheinlich die Zahl der Kinobesucherinnen und -besucher auch erhöhen», mutmasst er. 

Netstal ist im Vergleich günstig

Warum die Menschen dem Kino allgemein immer öfter fernbleiben, dafür gibt es viele Gründe. Oft hört man den Vorwurf der zu hohen Preise. Nicht nur bezüglich der Tickets, sondern auch der Snacks, wie das Popcorn, das für die meisten zum Kinobesuch gehört wie das Amen in der Kirche. Auch die Getränke seien überteuert. «Ich kann diese Kritik verstehen, aber nicht für Netstal», sagt Patrick Tavoli. Mit 11 Franken für Kinder und einem Erwachsenenpreis von 16 Franken sei die Arena Netstal eines der günstigsten Kinos in der Schweiz. Zudem gebe es mit der Arena Card Vergünstigungen auf den Eintritt sowie auf Popcorn und Getränke.

Um dem Negativtrend der schwindenden Kinobesuche entgegenzuwirken, entstehen vermehrt sogenannte «Multitainment-Häuser». Ende Oktober wird in Chur ein solches eröffnet. Neben acht Kinosälen erwartet die Besuchenden eine Sportsbar, Restaurants, Games oder Angebote für Kinder. Für Netstal ist das keine Option, wie Tavoli sagt. «Ich denke, dass die Einwohnerzahl der Region ein solches Konzept nicht zulässt.»

Die Sorgen vor dem Winter

Im Kino in Netstal kann man nicht nur Filme schauen, die Säle werden zum Beispiel auch für Events vermietet.  «Während der Pandemie war es natürlich nicht möglich, Veranstaltungen zu organisieren. Die Buchungen kommen aber langsam wieder», so Tavoli. Die meisten würden von Vereinen und Schulen getätigt.

Und auch bezüglich Corona sieht es momentan gut aus. Massnahmen oder gar Schliessungen zeichnen sich nicht ab. Davor hat Patrick Tavoli auch keine Angst, weit mehr Sorgen bereitet ihm etwas anderes, wie er sagt. «Die Versorgung mit Strom in diesem Winter.» Dass sie das Kino ganz schliessen müssten, dies bezweifelt Tavoli. «Aber etwa nur am Wochenende öffnen.» Dies seien lediglich Vermutungen. «Wir werden handeln, wenn die Zeit reif ist.»

Paul Hösli ist Redaktor bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Wenn er keine Artikel über das regionale Geschehen verfasst, produziert er die Zeitung. Zudem ist er der Stellvertreter von Ruedi Gubser für das Ressort Sport. Er ist seit 1997 bei der «Südostschweiz», im Jahr 2013 wechselte er intern von der Druckvorstufe in die Redaktion. Zuerst in einem 40-Prozent-Pensum und seit 2016 zu 100 Prozent.

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Wenn ein Kino noch gute Filme bringen kann ,kann es sein, das er noch überlebt.Aber das Fernsehen ist halt leider die grösste Konkurrenz.Seit es das TV gibt, sind auch die Beizen leer am Abend .

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