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32 Hundertstel zwischen Freud und halber Freud

32 Hundertstel trennen Sieger Stefan Bissegger und Stefan Küng im EM-Zeitfahren. Klar ist die Gefühlslage der beiden anders.

Agentur
sda
17.08.22 - 21:05 Uhr
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Ein grosser Tag für Stefan Bissegger
Ein grosser Tag für Stefan Bissegger
KEYSTONE/AP/Pavel Golovkin

«Das Ziel ist der Titel, wenn alles läuft, sehe ich keinen Grund, warum es nicht klappen sollte», hatte Bissegger zwei Tage vor dem Zeitfahren gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gesagt. Nun liess er den selbstbewussten Worten Taten folgen. Der 23-jährige Thurgauer gab aber zu, dass sein Selbstvertrauen nach einigen Rückschlägen gelitten hatte. Auf das Zeitfahren der Tour de Suisse musste er wegen Corona verzichten, an der Tour de France stürzte er im ersten Zeitfahren zweimal, im zweiten wurde ihm ein mechanischer Defekt zum Verhängnis.

In den sozialen Medien gab es böse Stimmen, es wurde geschrieben, dass er bloss eine grosse Klappe habe und nach Ausreden suche. «Worte können teilweise schon Schmerzen bereiten», sagte Bissegger. «Dann fängt man schon an zu zweifeln. Nun habe ich allen bewiesen, dass ich zuoberst stehen kann, wenn alles passt. Das gibt einen grossen Motivationsschub fürs Training.» Den EM-Titel bezeichnete er als seinen grössten Erfolg. «Ein Etappensieg an der Tour de Suisse (2021) ist schon auch schön, nun kann ich allerdings ein Jahr mit dem Europameister-Trikot fahren, das ist etwas Spezielles.»

Trotz den selbstbewussten Worten hatte Bissegger vor dem Rennen «nicht so richtig gewusst, wo ich stehe. Die Zahlen waren zwar gut im Training, aber das Gefühl war nie so richtig gut. Ich hoffe, es geht noch etwas aufwärts.» Schliesslich folgt noch die WM im September in Australien, auf diese ist der Formaufbau gerichtet.

Küng: «Nein, nicht schon wieder»

Diese ist auch von Stefan Küng das grosse Ziel. «Ich bin definitiv noch hungrig», sagte der 28-Jährige, wie Bissegger ein Thurgauer. Dass es ihm dermassen knapp nicht zum dritten EM-Titel in Serie im Zeitfahren gereicht hatte, wurmte ihn sichtlich. Er dachte: «Nein, nicht schon wieder.» Vor einem Jahr an den Olympischen Spielen in Tokio hatten ihm vier Zehntel zu Bronze gefehlt.

«Es gibt jedoch auch einen sehr, sehr grossen positiven Aspekt», so Küng. «Es ist das erste Mal seit mehr als eineinhalb Monaten, seit der Corona-Erkrankung, dass ich wieder ein gutes Gefühl auf dem Velo hatte. Vor einer Woche hätte ich zehnmal unterschrieben für dieses Resultat. Von daher abhaken und das Positive mitnehmen. Ich bin sehr optimistisch für den Rest der Saison.»

Zum knappen Rückstand sagte er: «Bei der Beschleunigung aus der letzten Kurve fehlte sicher noch die letzte Spritzigkeit, aber ich glaube, das ist für alle gleich. Schlussendlich kann die verlorene Zeit überall gesucht werden.» Fällt ihm die Niederlage einfacher, weil ein Landsmann gewonnen hat? «Nein, das spielt für mich keine Rolle, als Spitzensportler will man immer gewinnen. Silber ist quasi der erste Verlierer. Aber ich mag es ihm gönnen.»

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