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Unermüdlicher Einsatz für die Gesundheit

Kürzlich wurde dem Wissenschaftler-Ehepaar Cezmi und Mübeccel Akdis eine Professur an der Universität Harvard übertragen. Eine ganz besondere Ehre, welche sie vor allem dazu nutzen möchten, die am SIAF erstmals beschriebene Epithelbarriere-Hypothese zu stärken und Gelder für diese zu akquirieren.

Barbara
Gassler
24.04.24 - 17:00 Uhr
Menschen & Schicksale
Das Ehepaar Akdis im SIAF.
Das Ehepaar Akdis im SIAF.
zVg
Vor 30 Jahren kamen Cezmi und Mübeccel Akdis mit ihrer gut vierjährigen Tochter nach Davos, um als junge Wissenschaftler am Schweizerischen Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF) zu arbeiten. Bereits 1998 wurde Cezmi hier zum Gruppenleiter ernannt und erhielt 2001 (Mübeccel 2005) an der Universität Zürich die Habilitation, was bedeutet, dass ihm die Lehrbefähigung erteilt wurde. 2006 wurde Cezmi zum Direktor des SIAF befördert und erhielt eine Professur an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich.

Das Ehepaar hatte sich an der Universität im heimischen Bursa (Türkei) kennengelernt, wo sie zu Ärzten ausgebildet wurden. Später wandten sie sich der Forschung zu und arbeiten seither immer Hand in Hand.

Mehrere Professuren

2013 respektive 2016 wurde Cezmi an der Universität Zürich eine ordentliche Professur und Mübeccel eine Titularprofessur erteilt. In den folgenden Jahren erhielten beide eine grosse Anzahl an Forschungsstipendien und Ehrungen. Mitunter auch Ehrungen symbolischer Natur, wie zum Beispiel die Professur an den Universitäten von Bursa, Peking und Wuhan. «In Peking wählen wir aus unseren Kursen junge, vielversprechende Nachwuchsforscher aus, die die Möglichkeit erhalten, nach Davos zu kommen.» Die Kosten der Gastwissenschaftler für ein, respektive zwei Jahre Forschungsarbeit werden vom aussendenden Beijing Tongren Hospital, einer 140-jährigen Institution, die eng mit der Capital Medical University zusammenarbeitet, übernommen. Das Engagement mit der Universität von Wuhan kam aufgrund von Covid zustande. «Einer meiner Mitarbeiter wurde im Januar 2020 nach China zurückgerufen, um dort auf der Intensivstation schwere COVID-19-Verläufe zu behandeln», erzählt Cezmi. «Am Tag nach seiner Ankunft rief er mich an, beschrieb die Situation und bat um Hilfe. Fast jeden Abend sprachen wir über Skype darüber, wie wir den Patienten helfen könnten und beschlossen dann, die Merkmale der ersten COVID-19-Serie mit 140 Patienten, zu veröffentlichen.» Aus dieser Zusammenarbeit entstanden 44 hochzitierte wissenschaftliche Publikationen vom SIAF zum COVID-19 und SARS-CoV-2-Virus. Zitate aus Publikationen sind die Währung, mit der die Qualität einer wissenschaftlichen Abhandlung bewertet wird. «Dazu muss sie neue Erkenntnisse oder neue Ansätze und Ideen enthalten», erklärt Cezmi, der in der Schweiz zu den am meisten zitierten Wissenschaftlern zählt. 2011 war er Präsident der «European Association of Allergy and Immunology», mit 16 000 Mitgliedern. Ferner ist Cezmi Editor-in-Chief der auf ihrem Gebiet führenden Fachzeitschrift «Allergy» und organisiert zahlreiche Konferenzen, darunter das jährlich in Davos stattfindende «World Immune Regulation Meeting».

Zugang zu einem wertvollen Beziehungsnetz

Mübeccel und Cezmi Akdis erreichte Anfang des Jahres der Ruf nach Harvard, wo sie von der T. H. Chan School of Public Health Professuren verliehen bekamen (DZ vom 3. April). «Wir hätten vor vielen Jahren schon die Möglichkeit gehabt, nach Harvard zu gehen, entschieden uns aber hier zu bleiben», erzählt Cezmi mit einem Lächeln. Davos gefalle beiden tatsächlich sehr, doch ausschlagegebend für den Entscheid hier zu bleiben, war nicht die Romantik der Bündner Berge, vielmehr die Möglichkeit der Leitung des eigenen und noch dazu eines ganz besonderen Instituts, gesteht er. Das SIAF ist eines der führenden Forschungsinstitute und ist international hoch anerkannt.

Bei der ehrenamtlichen Professur an der T. H. Chan School of Public Health in Harvard besteht ihre Aufgabe darin, einmal monatlich Online-Vorlesungen und Konferenzen zu halten. Für sie liege der Wert dieser unbezahlten Stellung jedoch vor allem in den daraus entstehenden Beziehungen. «Natürlich ist der Austausch mit anderen Wissenschaftlern spannend und bereichernd, doch die Professuren verschaffen vor allem Zugang zu wichtigen behördlichen Entscheidungsträgern und öffentlichen Geldern, von denen ein Teil auch nach Davos fliessen könnte.» Durch das erweiterte Beziehungsnetz können Cezmi und Mübeccel auch mit wichtigen Entscheidungsträgern direkt über die am SIAF entwickelte, Epithelbarriere-Theory sprechen. Jene liefert eine Erklärung für die stetige Zunahme von Autoimmunkrankheiten sowie Allergien und findet in der wissenschaftlichen Welt immer mehr Bestätigung. Die Hypothese besagt, dass eine Vielzahl von Stoffen in Luft, Nahrung und alltäglichen Gegenständen unsere Haut und Schleimhäute angreifen. Diese werden dann durchlässig für weitere Schadstoffe, die so ins Gewebe wandern und Organe angreifen können. Die beiden Akdis sehen das als eine der grössten aktuellen Bedrohungen der Menschheit und kämpfen unermüdlich um die Bewusstwerdung bei Behörden und der Öffentlichkeit, zum Wohle unserer Gesundheit.

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