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Es konnte nicht ewig so weitergehen

Anfang des 19. Jahrhunderts herrschte in Davos nicht gerade Gold-, aber immerhin «Silbergräber»-Stimmung. Allerdings fand man im «Silberberg», dem ehemaligen Bergwerk nahe Monstein, kein Silber, und auch der übrige Bergbau rentierte kaum. Ein Hauptproblem: Es mangelte an Holz. Über dieses Thema referierte Hans Peter Michel kürzlich an einem spannenden Vortrag.

Andri
Dürst
08.04.24 - 12:00 Uhr
Leben & Freizeit
Hans Peter Michel ist auch heute noch ein Vollblut-Rhetoriker. 
Hans Peter Michel ist auch heute noch ein Vollblut-Rhetoriker. 
ad
Im Anschluss an die kürzlich durchgeführte GV des Bergbauvereins Silberberg Davos (BSD) startete alt Landammann und alt Standespräsident Hans Peter ­Michel seinen Vortrag mit dem Titel «Wie beeinflusste der Bergbau die Nutzung des Waldes?» Dass auf diese Frage nicht einfach schnell schnell eine Antwort folgte, wurde rasch klar. «Das Thema ist sehr komplex, und in der Literatur sind nur wenige Angaben dazu vorhanden», gab er zu bedenken.

Holz allgemein Mangelware

Dennoch befasste er sich intensiv mit der Materie und zog allerlei Fakten und Zahlen bei, die er teilweise mit eigenen Berechnungen ergänzte. Dass es in früheren Zeiten an Holz mangelte, sei nicht nur in Davos so gewesen. «Beispielsweise aus dem Schaffhausischen oder aus dem Tirol gibt es ähnliche Quellen.» Doch nur den Bergbau dafür verantwortlich zu machen, sei nicht korrekt. «In der Region herrschte im 17. und 18. Jahrhundert fast eine chronische Holzknappheit – also auch in Zeiten, in denen kein Bergbau betrieben wurde», so Michel. Klar sei dennoch: «Der Bergbau verbrauchte extrem viel Holz. »Insbesondere bei der Destillation der Zinkblende sei der Holzbedarf enorm gewesen. «Nur schon, um die dafür notwendige Anlage auf Betriebstemperatur zu bringen, waren 390 Kubikmeter Holz notwendig, was rund 25 Lastwagenladungen entspricht», führte der Referent aus. Während der Ägide von Bergwerksverwalter Johannes Hitz, also von 1811 bis 1830, habe man jährlich rund 80 Tonnen Zinkblende gewinnen können. Pro Tonne habe es aber 120 Kubikmeter Holz gebraucht – auch das sind enorme Zahlen.

Auf die Dauer ein No-Go

Als Hitz 1830 nach seinem Konkurs beim Silberberg nach Amerika auswanderte, fand er dort ein neues Glück. Grundsätzlich wandte er für die Zinkdestillation das gleiche – an sich ausgeklügelte – Verfahren wie in Davos an, konnte aber zur Hitzeerzeugung Steinkohle verwenden. «Die Zinkdestillation, verbunden mit Holzfeuerung, war auf die Dauer ein No-Go. Dank der Steinkohle war dies in Amerika aber viel eher möglich», konstatierte Michel. Bei seinen weiteren Berechnungen gab Michel zu bedenken, dass nicht nur die Öfen im Schmelzboden Holz benötigten, sondern dass das lokal verfügbare Brennmaterial auch für die Unterkünfte, die Schmiede und für das Dorf Monstein und seine Einwohner reichen musste. Ebenfalls ist zu beachten, dass der Hiebsatz – also die Holzmenge, welche innerhalb eines Jahres auch wieder nachwächst – früher sicherlich tiefer war als heute. Michels Fazit lautete daher: «Auf die Dauer war es nicht möglich, mit dem Holz aus dem eigenen Wald auszukommen.» Für dieses Problem habe es nur zwei Lösungen gegeben: «Entweder wird das Erz zum Holz gebracht, oder das Holz zum Bergwerk.» Beim Silberberg wandte man insbesondere die erste Variante an und transportierte das Erz nach Bellaluna (Filisur) sowie nach Klosters. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde der Bergbau aber im Jahre 1848 eingestellt. Für den Wald eine positive Nachricht: «Der Wald wurde ironischerweise gerettet, weil das Bergwerk Defizite machte.»Heute ist nichts mehr von dieser intensiven Waldnutzung von vor 200 Jahren zu sehen. Diverse Bauten des Bergwerks sind aber noch vorhanden und können besichtigt werden. Dazu bietet der BSD ab Juli wieder spannende Führungen an.

www.silberberg-davos.ch

Dieses Aquarell von Gustav Kopp zeigt die Situation am Schmelzboden um 1842. Ganz rechts ist zu sehen, wie geflösstes Holz aus dem Landwasser entnommen wird. 
Dieses Aquarell von Gustav Kopp zeigt die Situation am Schmelzboden um 1842. Ganz rechts ist zu sehen, wie geflösstes Holz aus dem Landwasser entnommen wird. 
zVg/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv
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