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Ehre für den grössten Glarner Raubfisch

Der Fisch des Jahres 2023 ist ein Räuber. Der Schweizerische Fischereiverband ehrt dieses Jahr den Hecht. Auch in Glarner Gewässern lebt der gewiefte Raubfisch.

Südostschweiz
02.05.23 - 04:30 Uhr
Klima & Natur
Robust, aber gefrässig: Hechte sind keine gefährdete Fischart und regulieren sich teils selbst mit Kannibalismus.
Robust, aber gefrässig: Hechte sind keine gefährdete Fischart und regulieren sich teils selbst mit Kannibalismus.
Bild Rainer Kühnis

von Monica Marti*

Gemächlich zieht ein Fischschwarm durchs Wasser. Plötzlich kommt Hektik auf. Ein Hecht erscheint. Die Filmszene des Naturfotografen Rainer Kühnis zeigt, dass das Leben unter Wasser nicht Entspannung pur ist. Vor allem, wenn sich Hechte in einem Gewässer befinden. Der Raubfisch gilt als gefrässig. Er verschlingt, was ihm vor das Maul schwimmt. Sogar Enten.

Weibliche Hechte können 130 Zentimeter lang werden. «Als grösste Fischart im Glarnerland ist der Hecht für Fischer attraktiv», weiss Hansruedi Kubli. Er ist Vorstandsmitglied des Kantonalen Fischereiverbands Glarus und selber viel mit der Angel unterwegs. «Schon nur sein Aussehen ist interessant.» Das schnabelförmige Maul und der langgestreckte Körper mit der weit hinten ansetzenden Rückenflosse machen den Hecht unverwechselbar.

Sein schmackhaftes Fleisch eigne sich gut für Hecht-Küchlein, schwärmt Kubli, der noch viele andere Rezepte kennt. Obwohl er gerne auf Hecht fischt, ist er aber froh, dass die Art nicht in allen Gewässern vorkommt.

Forellen im Obersee gefressen

Andreas Zbinden, Fischereiaufseher des Kantons Glarus, kennt den Grund: «In kleineren Bergseen können Hechte andere Arten empfindlich dezimieren. Und wo der Hecht einmal drin ist, bringt man ihn nicht mehr raus.» Im Obersee hätten die Hechte zusammen mit den ebenfalls räuberischen Egli die ehemals starke Forellenpopulation vollständig aufgefressen.

Hechte leben in stehenden und langsam fliessenden Gewässern. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet ist im Kanton Glarus klein. «Es beschränkt sich praktisch auf den Walensee und den Linthkanal», präzisiert Zbinden. Aus dem Escherkanal sei die Art vor langer Zeit verschwunden. «Bis auf die Aufweitung Chli Gäsitschachen ist der Kanal zu lebensfeindlich. Er dient nur noch als Autobahn für durchziehende Fische.»

Der Hecht ist aber ein Standfisch. Grosse Exemplare haben ein Revier. Als mässig gute Schwimmer lauern sie über Stunden reglos zwischen Wasserpflanzen auf Beute. «Wenn man ein Gewässer kennt, weiss man, wo sich die Hechte aufhalten», bestätigt Kubli. Er fischt oft am Obersee. Da hier seit einigen Jahren die Nuttalls Wasserpest, eine invasive Wasserpflanze, im See wuchert, nutzt er Köder, die an der Oberfläche schwimmen. «Das ist sowieso spannender, weil man den Hecht kommen sieht, bevor er die Wasseroberfläche durchbricht.»

Hechte haben gute Augen und sind geschickte Stossjäger. Statt ihre Beute zu verfolgen, warten sie, bis sich diese in ihrer Reichweite befindet. Dann preschen sie pfeilschnell aus der Deckung und schnappen zu.

Robust und nicht gefährdet

Auch im Klöntalersee schwimmen Hechte. Schon vor über 300 Jahren habe der Mensch die Art dort als Nahrungsreserve ausgesetzt, erzählt Zbinden. Für die Freizeitfischerei wurden später auch kleinere Gewässer wie die Tankgräben und der Talalpsee besetzt. Darauf wird seit 2009 verzichtet. Es sei sowieso nicht nötig, sind sich Zbinden und Kubli einig.

In den meisten Gewässern vermehre sich die Art von selber. «Hechte sind echte Wildfische. Das äussert sich auch positiv in ihrem Geschmack», freut sich Kubli. Im Frühling kleben die Weibchen ihre Eier im Flachwasser an Wasserpflanzen.

Auch im Köntalersee kann sich der Raubfisch halten, obwohl hier der Wasserstand während der Laichzeit des Hechts oft tief liegt. «Uferlaichern macht der Kraftwerkbetrieb zu schaffen», warnt Zbinden. «Während die Elritze und die Felchen unter der Situation im Klöntal leiden, schafft es der Hecht aber trotzdem sich fortzupflanzen.»

Die Art meistere auch viele widrige Umweltbedingungen. Das ist nicht selbstverständlich. Gemäss der kürzlich vom Bundesamt für Umwelt Bafu veröffentlichten «Roten Liste der Fische und Rundmäuler» sind nur 21 Prozent der in der Schweiz heimischen Arten nicht bedroht. Der Hecht ist eine davon.

Doch was, wenn es wie im Talalpsee wenig Nahrung hat und Hechte die einzigen Fische im Gewässer sind? «Ist das Futter knapp, wachsen die Fische langsamer», klärt Fischeraufseher Zbinden auf. «Zudem machen Hechte auch vor Artgenossen nicht halt. Durch Kannibalismus regulieren sie ihren Bestand selber.» Der eindrückliche Fisch des Jahres 2023 gilt offenbar zurecht als hungriger Räuber.

*Monica Marti ist Co-Geschäftsführerin des Naturzentrums Glarnerland

Unter Wasser – Fische in ihren Lebensräumen

Mit einer Fotoausstellung macht das Naturzentrum Glarnerland im Bahnhof Glarus auf Fische und ihre Lebensräume aufmerksam. Zwölf Unterwasser-Bilder sowie Filme des Naturfotografen Rainer Kühnis zeigen heimische Fischarten. Kurzportraits stellen sie vor und informieren über ihr Vorkommen im Glarnerland. Dem Hecht ist eine eigene Themenwand gewidmet. Die Fotoausstellung läuft nur vom 4. Mai bis am 3. Juni. Von 10 bis 12 Uhr beantworten am Samstag, 6. Mai der kantonale Fischereiaufseher Andreas Zbinden und am Samstag, 13. Mai der Naturfotograf Rainer Kühnis vor Ort Fragen. Eintritt frei. Infos unter naturzentrumglarnerland.ch.

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