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Camping, lange vor dem Boom

Unser Autor war schon Camper, bevor es coronabedingt zum Boom wurde. Dabei hatte er stets eine Homebase auf Rädern dabei. Ein first mover in Glamping sozusagen.

20.07.22 - 16:30 Uhr
Bild David Eichler

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Wer sich im Moment nicht am Flughafen die Beine in den Bauch steht, verbringt höchstwahrscheinlich einige Zeit vor dem Gotthard-Nordportal oder auf der San-Bernardino-Strecke im Stau. Der erfahrene Stausteher erinnert sich dabei an unzählige Camper und Wohnwagen. Früher hauptsächlich mit einem NL-Kleber oder einer deutschen Autonummer. Mittlerweile haben auch Herr und Frau Schweizer Camping für sich entdeckt. Mit dem Aufkommen von Corona ging ein regelrechter Campingboom einher.

Ich selber habe meine ersten Campingerfahrungen als Säugling gemacht. Auch wenn ich mich selber nicht mehr so genau daran erinnern kann. Meine Eltern haben mir davon erzählt, wie ich von den damaligen Zeltplatznachbarn aus Österreich mit den Worten «An Hosenscheissa ham’s a mit dabei» begrüsst worden bin.

In den darauffolgenden Jahren habe ich mit meiner Familie etliche Wochen auf Campingplätzen in Italien und Frankreich verbracht. Als Homebase hatten wir immer den Wohnwagen mit dabei. Mit fortschreitendem Alter habe ich dann nicht mehr im Wohnwagen, sondern im Zelt davor geschlafen. Der Wohnwagen war aber immer als sicheres Refugium in der Nähe. Falls das Wetter dann doch zu nass und das Zelt zu undicht waren.

Mit dem Wohnwagen fuhren wir im Sommer jeweils nach Cannobio am Lago Maggiore. Auf dem Campingplatz kurz nach der italienischen Grenze kannten sich die regelmässigen Gäste mit der Zeit und man tauschte sich bei Ankunft kurz darüber aus, wie es dem Gegenüber im letzten Jahr ergangen war. Bei Ankunft neuer Camper half man sich gegenseitig beim Platzieren des Wohnwagens, tauschte sich über die neu beschafften Camping-Gadgets aus und diskutierte darüber, welcher Stellplatz der Beste ist. Als Kind nutzte ich die ersten Stunden auf dem Platz, um mit dem Velo zu erkunden, ob meine Spielkameraden vom letzten Jahr aufzufinden sind. Wenn nicht, schloss ich neue Bekanntschaften.

Vom Vorzelt direkt in den Lago Maggiore.
Vom Vorzelt direkt in den Lago Maggiore.
Bild David Eichler

 

Immer in Erinnerung bleiben wird mir, wie ich an einem stürmischen Tag zusammen mit meinem Vater das Motorboot eines anderen Campers rettete. Das Tau, mit dem es an der Boje angebunden war, hatte sich gelöst und die meterhohen Wellen trieben das Boot in Richtung Steinstrand. Der Besitzer und seine Frau versuchten das Boot vom Heck aus wieder hinaus zur Boje zu schieben, was nicht gelang. Stattdessen schlug sich der Besitzer am Propeller des Motors die Stirn auf und und stand kurz danach blutend am Steinstrand. Vom Ufer aus wurde das Ganze von anderen Campern beobachtet. Einige stiegen mit ins Wasser und versuchten das Boot rauzuschieben. Meinem Vater war klar, dass das so nicht funktionieren konnte. Er hatte einen Plan, den er mir kurz erklärte: erst mit einem Tau zur Boje schwimmen (meine Aufgabe, da ich mich durch meine Zeit beim SLRG-Schwimmtraining recht gut im Wasser fortbewegen konnte), es dort durch den Stahlring ziehen und das Tau dann mit dem des Bootes verknüpfen (seine Aufgabe, da er die richtigen Seemannsknoten kannte). Gesagt, getan. Ich warf mich in die Wellen des Lago Maggiore, dass es David Hasselhoff zu seinen besten Baywatchzeiten nicht besser gemacht hätte, schwamm zur Boje, zog das Tau durch den Ring und schwamm zurück zu meinem Vater, der im Gummiboot bereits wartete – das Tau des losgerissenen Bootes in seiner Hand. Ich stieg zu ihm ins Gummiboot und zog die beiden Taue so zusammen, dass er sie mit einander verknoten konnte. Wie geplant, konnten die anderen Helfer das Boot dann vom Ufer aus zurück zur Boje ziehen, und wir machten es dort mittels Palstek-Knoten (der einzige Knoten, der mir wirklich geblieben ist) wieder fest. So verausgabt hatte ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht, und auch mein Vater lag danach für einige Zeit frierend und K. O. im Wohnwagen. Am nächsten Tag kam der Bootsbesitzer mit einer Flasche Champagner zu uns und bedankte sich.

Wenn es die Zeit erlaubte, fuhren meine Eltern Anfang Oktober mit uns und dem Wohnwagen nach Südfrankreich. Das war ein anderes Erlebnis. Der Campingplatz dort war viel grösser als jener in Cannobio und auch die Anreise dauerte länger. Die gehörte für mich aber immer mit zu den Ferien. Wir fuhren normalerweise am Abend los und übernachteten auf dem Weg auf dem Parkplatz einer Autobahnraststätte, um danach den Rest des Weges in Angriff zu nehmen. Statt dem Rauschen des Meeres hörte ich dann beim Einschlafen jeweils das, der auf der Autobahn vorbeifahrenden Autos. Eine Geräuschkulisse, die für mich akustisch die Ferien einläutete. In Le Lavandou angekommen wähnte ich mich regelmässig im Paradies. Der Campingplatz liegt an einem Hügel direkt am Meer. Man hat eigentlich von überall her einen schönen Blick auf das Meer. Der Pinienwald, der sich über den ganzen Hügel zieht, sorgt für Schatten und zusammen mit Lavendel für den richtigen Ferienduft. Auf diesem Campingplatz habe ich als Kind einmal im Nachbarszelt Tabletten gefunden und gegessen. Mein Vater hat auf dem Weg ins Spital die Kupplung des Autos gekillt und meine Mutter hat im Spital alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Nacht bei mir im Zimmer verbringen zu können. Es kam dann alles weniger schlimm, da die Tabletten harmlos waren. Keine Kreislauf-Runterschrauber, sondern Harndrang-Hochschrauber. Ich war also eigentlich fit, musste nur öfter aus Klo. Für das Nervenkostüm meiner Eltern und die Kupplung unseres Autos war der Nachmittag schlimmer als für mich.

Schön: Pinien, Meer und Lavendelduft.
Schön: Pinien, Meer und Lavendelduft.
Bild David Eichler

 

Wenn wir auf Campingplätzen waren, bastelte mein Vater die gesamten Ferien lang am Wohnwagen herum. Für ihn Erholung pur. Er war nicht derjenige, der stundenlang ein Buch lesen konnte, ganz im Gegensatz zu meiner Mutter. Das Erholungsprogramm meines Vaters hatte zudem den Vorteil, dass unser Wohnwagen immer tipptopp parat war und nach jedem Ferienaufenthalt eine neue, praktische Funktion hatte. Sich automatisch auffüllender Wassertank? Check! Warmwasserboiler inklusive Rohrsystem? Check? Kajütenbett, als meine Schwester und ich zu gross waren, um in einem Bett zu liegen? Check! Eine Klappe, um vom Vorzelt aus auf den Stauplatz unter dem Elternbett zugreifen zu können? Check! Was andere für viel Geld beim Wohnwagen-Veredler ihres Vertrauens in Auftrag gaben, erledigte mein alter Herr in den Ferien. Auch unser Vorzelt hielt Ewigkeiten. Dies, weil es von uns – also insbesondere von meinem Vater – beim Abbrechen des Ferienlagers immer feinsäuberlich geputzt, zusammengelegt und verstaut wurde.

Eingerichtet: Dank vorbildlicher Pflege hielt das Vorzelt gleich lange wie der Wohnwagen.
Eingerichtet: Dank vorbildlicher Pflege hielt das Vorzelt gleich lange wie der Wohnwagen.
Bild David Eichler

Vor ein paar Jahren haben wir den Wohnwagen verkauft. Meine Eltern schafften es nicht mehr, sicher von Graubünden bis nach Südfrankreich zu fahren. Einen rund dreissig Jahre alten Wohnwagen zu verkaufen, ist nicht ganz einfach. Insbesondere dann nicht, wenn er einen Winter lang draussen stand und der Schnee das Dach eingedrückt hat. Wir fanden über eine Bekannte aus dem Nachbardorf ein Pärchen aus Bulgarien, das unseren Wohnwagen übernommen hat. Sie haben ihn liebevoll renoviert und verbringen ihre Ferien darin. Mit dem alten Vorzelt. Das hält immer noch.

Meine ersten Campingferien habe ich sehr früh in meinem Leben gemacht. Nachdem der Wohnwagen weg war, gab es aber kaum noch Campingferien. Bis meine Schwester, ihr Mann, ihr Sohn und ich letztes Jahr entdeckt haben, dass man auf dem Campingplatz in Südfrankreich auch kleine Bungalows mieten kann. Nach den ersten gemeinsamen Ferien dort sind für dieses Jahr die nächsten geplant. Das Campingfieber hat Schwester und Familie so stark wieder gepackt, dass sie sich vor ein paar Wochen einen kleinen Wohnwagen gekauft haben. Das Campingfieber zieht also wahrscheinlich eine Generation weiter. Wir werden es sehen.

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Vor sechs Wochen sind wir spät abends bei heftigem Gewitter in Lazise am Gardasee mit unserem Wohnwagen angekommen. Das Campingareal war bereits geschlossen und so haben wir auf dem dazugehörendem Parkplatz ohne abzukuppeln übernachtet. Am darauffolgendem Tag haben wir unseren Stellplatz bezogen; Wasseranschluss sowie Abwasser installiert und lediglich die Markise runtergelassen; fertig. Zum Glück haben wir eine super Warmluftheizung im Wohnwagen sowie auch Bodenheizung; dadurch kann man sich trotz schlechtem Wetter gemütlich einrichten. Erst in der zweiten Woche konnten wir dann unser Vorzelt auf matschigem Boden aufstellen, was dank Luft und Kompressor in einer halben Stunde möglich war. Dann folgten nur noch schöne Tage und wir konnten endlich unser Zigeunerleben geniessen. Seit gestern wieder Regen ununterbrochen bis heute, was unserem Boxerhund, unserem Camper so ziemlich egal ist. Nun nach der Wetterprognose soll es aber wieder schön und bis 30°C warm werden.
Wir haben unser Wintertaugliches Vorzelt verkauft, seitdem ich gesehen habe, wie unser Nachbar innert 20 Minuten sein Luftzelt aufgestellt hat das vollkommen mit Luft aufgeblasen wird und kein Gestänge mehr braucht!
Die anfängliche Skepsis war schnell verflogen. Aber es braucht schon eine gewisse Angewöhnungszeit. Aber Schlussendlich fühlt man sich recht wohl in diesem Luftzelt! Den Dichtigkeitstest hat das Zelt auch schon bestanden. Wir hatten nachts ein unglaublich heftiges Gewitter! Das Kampa-Zelt hat sich hervorragend bewährt; trotz stürmischen Winden blieb es wie ein Fels in der Brandung stehen und absolut dicht!
Der Nachteil wäre und das darf ich nicht zu laut sagen; wenn mir jemand einen Streich spielen sollte, müsste er lediglich das Hauptventil öffnen und das Ganze würde sprichwörtlich wie ein Kartenhaus zusammen brechen! Nun werde ich das Ventil noch sichern, aber mit fehlt noch die Idee dazu…

Ja, dann habe ich mir noch ein „Schwyzerörgeli“ gekauft, das sehr viel leichter als das Akkordeon ist und sehr viel Spass macht… vor allem bei meinen Mitcamper sorgt der Musikus jeweils für lockere Stimmung.

Mit den besten Grüssen an alle Camper und machet's guat.