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Holzwurm

Christian
Ruch
06.05.17 - 06:59 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Als ich in meiner Eigenschaft als Wirtschaftsflüchtling und Scheinasylant in dieses Land kam, stellte es mich vor grosse Rätsel – etwa die Frage, woher das Brockenhaus seinen Namen hat. Mittlerweile weiss ich es: Man kann sich einiges einbrocken, wenn man dort etwas kauft. Einen Holzwurm zum Beispiel. Der bewohnt einen Brocki-Schemel, den wir unlängst erworben haben. Mich stört das nicht, ich finde so ein Würmli, das sich durchs Holz knabbert, irgendwie herzig.

Nicht so die Bündnerin an meiner Seite. An sich sehr tierlieb, teilt sie doch den ausgeprägten Jagdinstinkt ihres Stammes und war nicht gewillt, dem Holzwurmtreiben tatenlos zuzuschauen. Doch wie einen Holzwurm töten, ohne dass gleich die ganze Holzwurmverwandtschaft zur Abdankung kommt? Gemäss Google mag der Holzwurm weder sehr hohe noch sehr tiefe Temperaturen. Also hängten Engadiner Bekannte unseren Schemel absolut diebstahlsicher aussen ans Fenster, um den Wurm in bitterkalten Nächten schockzufrosten. Ob das gelungen ist, wissen wir leider nicht. Fest steht nur, dass ein ans Fenster gehängter Holzschemel selbst im Engadin für Aufsehen sorgt, sodass die Bekannten gefragt wurden, ob denn alles in Ordnung sei.

Um auf Nummer sicher zu gehen, erwogen wir, den Schemel auch noch in eine Sauna zu stellen. Auf diese Idee reagierten die uns bekannten Saunabesitzer allerdings einigermassen zurückhaltend, um es mal so zu sagen. Bliebe die öffentliche Sauna der Stadt Chur, und da meine Liebste einst vom heutigen Stadtpräsidenten im Basketball trainiert wurde, entwarfen wir eine Basketballbekanntschaftsholzwurmbekämpfungssaunanutzungsstrategie.

Dazu kam es dann aber doch nicht. Ein befreundeter Förster meinte, Holzwürmer seien völlig harmlos. Jetzt überlegen wir, passend zum neuen Trend, Insekten zu verzehren, Holzwürmer zu züchten und als Alternative zum beliebten Holzfäller-Steak in Zukunft Holzwurm-Bratlinge anzubieten. Gereift im echt antiken Brocki-Schemel und gekühlt in der guten Engadiner Nachtluft. En Guete!

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