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St. Moritz mit starken Marken

Eine runde Sache: Nach elf Jahren findet der Blog Engadin direkt mit dem Bericht zu einem markenstarken Wintersaison-Auftakt seinen Abschluss.

Hans Peter
Danuser
28.12.21 - 08:21 Uhr
Hans Peter Danuser von Platen
Hans Peter Danuser von Platen
Prada am Sessellift ob Marguns/Celerina

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Kurz vor Weihnachten besuchte ich erstmals die Christbaum-Auktion in Badrutt's Palace Hotel. Zum 23. Mal lancierte das Haus damit seine Wintersaison. Der Anlass ist faszinierend: Zwölf meist langjährige Geschäftspartner des «Palace» schmücken je einen Christbaum, der während eines Gala-Diners zusammen mit je einem speziellen Geschenksangebot versteigert wird. Beispiel: Unter dem «Cartier-Christbaum» liegen vier wertvolle Cartier-Geschenke sowie eine Einladung für zwei Personen zu einem exklusiven Cartier-Anlass dieser Saison im Gesamtwert von fünftausend Franken. Das ist jeweils auch die Startsumme der folgenden Versteigerung. Auktionarin ist die Chefin von Christie's in Paris. Sie wird assistiert von Annina Campell, der bekannten TV-Frau aus dem Engadin, die den Abend virtuos und vielsprachig moderiert. 

Der Anlass ist stets ausgebucht. Die zwölf teilnehmenden Geschäfte und Marken sitzen mit ihren Stammkunden jeweils an einem runden «Elfertisch». Dazu kommen die Tische des Hotels mit dessen und zusätzlichen Gästen, die an der Auktion teilnehmen wollen.

Nach rigorosen Covid-Doppelkontrollen beim Hotel- und Saaleingang eröffnet Gemeindepräsident Christian Jott Jenny mit Fahne-schwingendem Weibel den Abend mit launigen Worten. Dann stellt Annina die vier regionalen Hilfsorganisationen vor, denen der komplette ersteigerte Betrag zukommt: Die Stiftung KIBA für benachteiligte Kinder im Engadin, die Blindenskischule St. Moritz, AVEGNIR für Krebs- und Langzeitpatienten sowie die UFFICINA/ Movimento für Behinderte im Kanton Graubünden.

Die Versteigerung der zwölf «Lots» oder Christbäume samt Geschenken erfolgt professionell und locker mit jeweiligem Zuschlag durch den Hammer der routinierten Französin. Nach dem  zwölften Lot übernimmt Christian J. Jenny - diesmal ohne Weibel - als Entertainer die Versteigerung der speziellen «Palace»-Preise persönlich - und erreicht mit Humor und Spontanität erstaunliche Summen. Fazit: Innert weniger Stunden kommen insgesamt gegen 200 000.- Franken zusammen, die den erwähnten vier Hilfsorganisationen zu gleichen Teilen zukommen.

Was mir als «Markenmann» aufgefallen ist, ist das personelle und finanzielle Engagement des Palace-Hotels sowie der zwölf teilnehmenden Geschäften für einen guten Zweck. Dazu gehören Weltmarken, die St. Moritz seit Jahrzehnten eng verbunden sind. Hierzu drei Beispiele:

  • Vorab Cartier. Deren erstes Geschäft in der Schweiz war in St. Moritz, nicht in Genf oder Zürich. Ohne Cartier gäbe es kein Polo auf dem gefrorenen See. Käthy Dobers leitet das hiesige Geschäft seit bald 30 Jahren und orchestrierte auch diesen Abend wieder den aktivsten und Spende-freudigsten Tisch der Auktion.
  • Beispiel Prada: Schon lange vor dem erfolgreichen Hollywood-Film «Der Teufel trägt Prada» war die grosse Marke Italiens prominent in St. Moritz. Nicht nur geschäftlich. Frau M. Prada hat den Weiler Albanas ob Champfèr zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege sorgfältig und sehr aufwendig restaurieren lassen und ist dem Engadin persönlich sehr verbunden.

Prada ist diesen Winter erstmals auch im Skigebiet präsent. Die Stahlrohrmasten der drei Sesselbahnen ab Marguns nach Trais Fluors, Plateau Nair und Corviglia hinauf sind talwärts neu mit einem eleganten roten Streifen versehen, der am oberen Ende den emporfahrenden Passagieren den Prada-Logo zeigt: eine geniale Zusammenarbeit zweier Weltmarken!

Die Modemarke ruft sich ihrem Zielpublikum in der Traumlandschaft des Engadiner Skiparadieses in Erinnerung - mit Stil auf Augenhöhe. Die Region erfährt dadurch eine Aufwertung (und finanzielle Stärkung) - eine Win-Win-Situation mit grossem Synergiepotential!

  • Beispiel Gucci: Schon lange vor dem aktuellen Film und Oscar-Kandidat «House of Gucci» mit einer phänomenalen Lady Gaga war die Familie Gucci mit mehreren Häusern am Suvretta Hang zugegen. In meinen ersten Jahren als Kurdirektor hatte ich am Telefon ein memorables Schlüsselerlebnis: Ein tobender Italiener stauchte mich derart zusammen, wie ich es nicht einmal bei wildgewordenen Feldweibeln im Militär erlebt hatte. Ich verstand kein Wort, bis er abrupt aufhängte.

Zwei Tage später führte mir die Assistentin einen würdigen Patron gesetzten Alters ins Büro, der sich als Signore Gucci vorstellte und für seine Telefon-Attacke in aller Form entschuldigte. Der viele Schnee habe den Zaun um seine Liegenschaft zugedeckt, und seither flitzten Skifahrer quer durch seinen Garten, was ihn zum Kochen bringe. Bevor er sich verabschiedete, überreichte er mir eine Gucci-Krawatte, die ich noch heute gelegentlich mit Freude trage. Zur Vernissage seines damaligen Gucci-Films hatte er mich in der Folge persönlich eingeladen und begrüsst....

Fazit: St. Moritz ist selbst eine Weltmarke und zählt zum legendären «Club der glorreichen sechs» Ferienparadiese der «Royals and the Rich», den ich diesen Herbst hier vorgestellt habe. Und die Erfahrung zeigt, dass starke Marken andere starke Marken anziehen, weil Ihr Zielpublikum oft identisch ist.

Damit steht ihnen wie bei der Christbaum-Auktion und anderen Events die ganze Klaviatur des gegenseitigen Image-Transfers mit emotionalen Mehrwerten zur Verfügung, die eine Plattform wie St. Moritz ihren Leistungsträgern und Gästen bietet. Eine Strategie, die auch in Coronazeiten aktuell und wirksam ist.

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