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Die Kraft der Körperlichkeit

Vincenzo
Todisco
16.01.17 - 05:00 Uhr

Das Zusammenleben der Sprachen und Kulturen in Graubünden: Das ist das Thema der Kolumne «Convivenza», die wöchentlich in der «Südostschweiz» und der romanischen Tageszeitung «La Quotidiana» publiziert wird.

Von Vincenzo Todisco

Am Anfang waren die Instrumente und die alleinige Stimme, dann der Plattenspieler, die Musikkassetten, die CDs und schliesslich, seit die Lieder vom Internet heruntergeladen werden, nichts mehr Greifbares, das die Musik in unsere Ohren übermittelt. Ende der Geschichte. Doch ausgerechnet inmitten der digitalen Revolution stellt man eine unerwartete Rückkehr des Vinyls fest. Dabei war die Schallplatte anfangs der Neunzigerjahre offiziell tot und kein Mensch hätte nur einen Pfifferling auf deren Comeback gesetzt. Wir haben unseren Plattenspieler fortgeworfen und nur ein paar Nostalgiker oder die DJs, die sich mit der Materie auskannten, haben Schallplatten aufbewahrt.

In einem Artikel im «Tages-Anzeiger» vom 8. Dezember des eben zu Ende gegangenen Jahres steht, dass in der Schweiz seit 2006 die Zahl der verkauften Scheiben um 20’000 auf mehr als 150’000 gestiegen ist. Klar, weltweit gesehen bleibt das Vinyl ein Nischenprodukt, doch die Entwicklungen, die sich abzeichnen, sind bemerkenswert.

Was bedeutet das alles? Das Phänomen ist bestimmt nicht nur das Zeichen einer plötzlichen Anwandlung von Nostalgie, gerade weil es die Generationen der Digital Natives sind, welche das Vinyl bevorzugen. Die Schallplatten, so hört man, versprechen einen wärmeren, weniger synthetischen Klang. Doch damit nicht genug. Diese neue Tendenz hängt auch von der Tatsache ab, dass der Mensch irgendwann das Bedürfnis des körperlichen Kontakts mit der Musik verspürt. Die digitale Revolution hat sie in einen undefinierten Zustand der Vergessenheit verbannt und sie zu einem banalen Massenprodukt degradiert. Auf dem MP3 haben wir Tausende Titel zur Verfügung, per Streaming sind es sogar Millionen. Zu viele.

Wenn man zu Hause eine Plattensammlung pflegt, geht man gegen die Tendenzen, man zeichnet die Grenzen der Welt neu und schafft sich neue Anhaltspunkte. Die Tracks auf einer Langspielplatte sind etwa ein Dutzend, für Menschen gerade die richtige Anzahl. Das selbe Phänomen, darüber bin ich mir sicher, wird auch bei den Büchern eintreten. Es ist bekannt, dass das E-Book das Buch in Papierform ernsthaft bedroht. Doch der Tag wird kommen, an dem die Leute das Bedürfnis verspüren werden, ein Buch in die Hand zu nehmen, darin zu blättern, den Geruch des Papiers zu riechen, die Ecke einer Seite zu falten, um zu wissen, wo sie weiterlesen müssen, ein Buch aufzubewahren, weil es unserer Grossmutter gehört hat, auf die Suche nach einem Band zu gehen, ohne sich in einem Meer von Angeboten im Netz zu verlieren.

Tatsächlich untermauern Umberto Eco und Jean-Claude Carrière in einem Buch aus dem Jahre 2009 namens «Die grosse Zukunft des Buches» die Überlegenheit des Buches in Druckform über die neueren technologischen Formen. Die Rückkehr zum Buch ist vergleichbar mit jenen, die einem Klick auf dem Bildschirm das Herausnehmen der Schallplatte aus der Schutzhülle vorziehen, zwischen den Händen eine Scheibe von 180 Gramm Gewicht spüren, den Arm des Plattenspielers anheben, die Nadel in die erste Rille legen, dem Rauschen zuhören, und während die Musik erklingt, den Umschlag betrachten und die Titel lesen, mit der schier unendlichen Zeit einer Langspielplatte zur Verfügung.

Vincenzo Todisco ist Dozent an der Pädagogischen Hochschule Graubünden.

 

La forza della fisicità

Di Vincenzo Todisco

All’inizio c’erano gli strumenti e la sola voce, poi il giradischi, le cassette, i CD e infine, da quando i titoli si scaricano dalla rete, più niente di solido che trasmetta la musica al nostro orecchio. Fine della storia. E invece, proprio nel bel mezzo della rivoluzione digitale, si registra un inatteso ritorno del vinile. Eppure il disco era morto ufficialmente agli inizi degli anni Novanta e nessuno avrebbe scommesso una lira che un giorno sarebbe risorto. Abbiamo buttato via il nostro giradischi e solo qualche nostalgico o i deejay che sapevano il fatto loro hanno conservato dei dischi.

In un articolo sul «Tages-Anzeiger» dell’8 dicembre dell’anno appena trascorso si leggeva che dal 2006 in Svizzera il numero di dischi venduti sarebbe salito dalle 20’000 a più di 150’000 copie. Certo, visto su scala globale, il vinile rimane un prodotto di nicchia, ma gli sviluppi che si stanno profilando sono notevoli.

Cosa vuol dire tutto questo? Il fenomeno non è certo solo il segno di un improvviso impeto nostalgico della gente, anche perché sono proprio le generazioni dei nativi digitali a preferire il vinile. I dischi, si sente dire, promettono un suono più caldo, meno sintetico. Ma non basta. Questa nuova tendenza dipende anche dal fatto che a un certo punto l’essere umano sente il bisogno del contatto fisico con la musica. Il digitale l’ha relegata in un indistinto limbo senza confini e l’ha degradata a un banale prodotto di massa. Sul MP3 abbiamo a disposizione migliaia di titoli, in streaming sono addirittura milioni. Troppi.

Tenere in casa una raccolta di dischi significa andare in controtendenza, ridisegnare i confini del mondo e crearsi dei punti di riferimento. I pezzi sul trentatré giri sono una dozzina, un numero a misura dell’essere umano. Lo stesso fenomeno, ne sono certo, si verificherà per i libri. È cosa risaputa che l’e-book sta minacciando seriamente il libro cartaceo. Ma arriverà il giorno in cui le persone sentiranno il bisogno di prendere in mano un libro, di sfogliarlo, di sentire l’odore della carta, di piegare un angolo della pagina per sapere dove continuare la lettura, di conservare un libro perché era appartenuto a nostra nonna, di andare alla ricerca di un volume senza sentirsi persi nel mare infinito delle offerte della rete.

Infatti, in un libro del 2009 dal titolo «Non sperate di liberarvi dei libri», Umberto Eco e Jean-Claude Carrière dimostravano la superiorità del libro in versione stampata rispetto alle più moderne forme di supporto tecnologico. Il ritorno al libro sarà come chi al semplice «click» sullo schermo ora preferisce tirare fuori il disco dalla custodia, sentire tra le mani un piatto di 180 grammi, alzare il braccio del giradischi, poggiare la puntina sul primo solco, sentire il fruscio che produce, e mentre la musica va, fermarsi a contemplare la copertina per leggere i titoli, avendo a disposizione trentatré giri.

Vincenzo Todisco è docente presso l’Alta scuola pedagogica dei Grigioni.

 
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