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Rentner auf Reisen

Christian
Ruch
04.02.17 - 16:37 Uhr
BILD Pixabay
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In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Da ich nun wohl nicht Präsident von Graubünden Ferien werde, habe ich eine neue Aufgabe im Auge: Chef der Deutschen Bahn (DB)! Der bisherige hat hingeschmissen und für mich als Ferrosexuellen wäre das natürlich der Traumjob. Er ist, sagen wir mal so, vergleichbar mit dem Amt des CVP-Präsidenten – im Prinzip ist alles klar, aber es funktioniert trotzdem nichts so richtig. Im Gegensatz zum Schweizer Kursbuch ist das der DB nämlich eher so eine Art Absichtserklärung: Ja, es könnte sein, dass um 10.48 Uhr ein ICE von Köln nach Berlin verkehrt und wir haben das auch ganz fest vor – wenn nichts dazwischenkommt. Eine Signal- oder Weichenstörung. Oder die geheimnisvollen «Verzögerungen im Betriebsablauf», hinter denen vom grippalen Lokführer bis zum fehlenden Rollmaterial alles stecken kann.

 

Ein DB-Chef ist also vor allem Psychotherapeut, er muss erklären und trösten können. Ganz besonders schwierige Kunden: deutsche Rentner. Während Schweizer Rentner im Rudel und voller Sauglattismus den Zug besteigen, einen zünftigen Jass klopfen und sich freuen, mal was anderes zu sehen als immer nur dasselbe Migros-Restaurant, betreten deutsche Rentner den Zug paarweise und mit einer aggressiven AfD-Haltung. Wenn sie dann auch noch für Neg…, äh also farbige Fahrgäste mit Platzkarte den hart erkämpften Sitz räumen müssen, ist ganz Schluss mit lustig. Dann wird die DB verflucht und die Merkel natürlich auch. Weil die Merkel ist an allem schuld.

 

Wenn ich Bahnchef bin, spendiere ich deshalb besonders renitenten Rentnern Ferien auf Gran Canaria. Inklusive Bustickets. Busfahren auf Gran Canaria ist für deutsche Rentner nämlich die pure Hölle. Bis sie im heissen Wüstenwind von Afrika die richtige Haltestelle gefunden und begriffen haben, dass man wild gestikulieren muss, damit der Bus überhaupt anhält, der dann aber die falsche Linie ist und Pedro leider kein Deutsch versteht, sind Mutti und Vati infarktgefährdet und noch fertiger mit den Nerven als am neuen Laptop. Vor allem aber werden sie unendlich dankbar sein, wenn sie das nächste Mal in Deutschland Zug fahren. Weil bei der DB doch immer alles so wunderbar klappt…

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