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Bündner Hallenbäder reagieren unterschiedlich auf drohenden Strommangel

Um Strom zu sparen, haben Bündner Hallenbäder verschiedene Massnahmen ergriffen. Wir haben bei vier Institutionen nachgefragt.

Jasmin
Schnider
12.10.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Energiebedarf um zehn Prozent reduziert: Um Strom zu sparen, hat das Lenzerheide-Sportzentrum bereits Anfang September erste Massnahmen ergriffen.
Energiebedarf um zehn Prozent reduziert: Um Strom zu sparen, hat das Lenzerheide-Sportzentrum bereits Anfang September erste Massnahmen ergriffen.
Bild Archiv

von Jessica Müller und Jasmin Schnider

Hallenbäder sind Institutionen mit hohem Stromverbrauch. Oft befinden sich im Bad Installationen wie Strudel- oder Massagedüsen, die mit Strom betrieben werden. Das Badewasser muss mit viel Energie auf eine angenehme Temperatur erwärmt werden. Nicht zu vergessen sind natürlich alle Lichtinstallationen, die Beheizung von sämtlichen Räumen sowie weitere Infrastruktur.

Im Hinblick auf die drohende Strom- und Gasmangellage empfiehlt der Verband der Hallen- und Freibäder seinen Mitgliedern, das Wasser nur noch auf 27 Grad aufzuheizen, die Lichter zu dimmen und Sitzbankheizungen sowie Lufttemperatur zu senken. Kommt es zu einer Strommangellage, könnten diese Empfehlungen vom Bundesrat gar zur Pflicht werden. Zudem droht im Extremfall die Schliessung von Schwimmbädern. Wie diverse Medien berichten, haben bereits viele Schwimmbäder in der Schweiz Massnahmen von Temperatursenkungen bis zu Schliessungen beschlossen und auch in Graubünden haben die Hallenbäder reagiert.

Jedes Kilowatt zählt

Im Bellavita-Erlebnisbad und Spa in Pontresina wurden bereits erste Massnahmen ergriffen, wie Martin Enz, Geschäftsführer und Leiter Infrastrukturen Gemeinde Pontresina gegenüber Radio Südostschweiz sagt. «Wir kamen den Empfehlungen des Branchenverbands nach», erklärt Enz, der auch Geschäftsführer vom Verband Hallenbäder und Freibäder ist. So wird das Wasser im Innenbad neu auf 27 Grad anstatt 28 Grad erwärmt. Das Becken im Aussenbereich ist neu 30 Grad statt 34 Grad warm und die Aussensauna werde nur noch geöffnet, wenn der Spa-Bereich stark frequentiert sei. Die Lufttemperatur werde zudem der Wassertemperatur angepasst. Dadurch könne rund sechs bis acht Prozent Strom eingespart werden.

Diese Massnahmen wurden von den Gästen bisher mehrheitlich positiv aufgenommen. «Wir erklären den Gästen, dass wir das Bad offen behalten und damit der Bevölkerung das Schwimmen weiterhin ermöglichen wollen.» Enz und sein Team wollen daher alles unternehmen, um eine Schliessung zu verhindern. Dafür helfe jedes eingesparte Kilowatt. 

Will eine Schliessung verhindern: Martin Enz, Geschäftsführer Bellavista-Erlebnisbad und Spa sowie Geschäftsführer vom Verband Hallenbäder und Freibäder, hat bereits Stromsparmassnahmen ergriffen.
Will eine Schliessung verhindern: Martin Enz, Geschäftsführer Bellavista-Erlebnisbad und Spa sowie Geschäftsführer vom Verband Hallenbäder und Freibäder, hat bereits Stromsparmassnahmen ergriffen.
Bild Fadrina Hofmann

«Wir wollen alles unternehmen, damit das Hallenbad nicht schliessen muss.» 

Martin Enz, Geschäftsführer Bellavita-Erlebnisbad und Spa in Pontresina und Leiter Infrastrukturen Gemeinde Pontresina

Ob im Bellavita-Erlebnisbad und Spa noch mehr Massnahmen getroffen werden, darüber werde jetzt beraten, so der Geschäftsführer. Möglich wäre die Schliessung der Aussenanlage, eine Einschränkung der Öffnungszeiten im Spa-Bereich und dass die Rutschbahn nur noch am Nachmittag betrieben wird, wenn viele Kinder im Bad sind. «Dadurch könnten wir bis zu 30 Prozent Strom einsparen.»

Viele positive Reaktionen

Ähnliche Massnahmen wurden im Lenzerheide-Sportzentrum getroffen. Betriebsleiter Andreas Kraeutl sagt im Interview mit Radio Südostschweiz: «Bereits unmittelbar nach dem Sparaufruf des Bundesrats haben wir die Wassertemperatur und die Lüftungstemperatur gesenkt.» Es sei jedoch immer noch möglich, im Komfortbereich zwischen 26 und 33 Grad zu baden.

Die Badegäste hätten auf diese Massnahmen mehrheitlich positiv reagiert. Einige Personen hätten sogar angemerkt, dass ihnen das Wasser davor sowieso zu warm gewesen wäre. Nur einzelne Personen würden sich nicht damit anfreunden können. Alle Feedbacks seien jedoch sachlich gewesen, so Kraeutl. 

Um herauszufinden, wie viel Strom durch die Massnahmen gespart werden kann, hat das Lenzerheide-Sportzentrum eine Auswertung gemacht. Dafür wurde der Stromverbrauch von diesem September mit dem Verbrauch vom September 2021 verglichen. Gemäss Kraeutl konnte das Sportzentrum damit zehn Prozent Energie und fünf Prozent Wärme einsparen.

Energiesparen ist kein neues Thema für Kraeutl und sein Team: «Unsere Anlage nimmt seit vielen Jahren an einem Energiesparprogramm teil.» So wurden sukzessive jedes Jahr wieder einige Anpassungen gemacht. In diesem Jahr wurde beispielsweise schon vor dem Sparaufruf des Bundesrats die Lüftungsanlage ersetzt. Dadurch könne rund ein Drittel Energie eingespart werden.

«Mit der neuen Lüftung können wir rund ein Drittel Energie einsparen.»

Andreas Kraeutl , Betriebsleiter Lenzerheide Sportzentrum.

Auch die Gemeinde Davos hat Massnahmen für das Wellness und Erlebnisbad Eau-là-là ergriffen. Gemäss einer Mitteilung werden die Betriebszeiten von der Rutschbahn und der Wellnessanlage verkürzt. Zudem wird der Betrieb von einer der drei Saunaanlagen und des Aussenbads für mindestens die Zwischensaison eingestellt.

Temperatursenkung als letzte Massnahme

Anders sieht die Situation im Bogn Engiadina in Scuol aus. «Wir können die Wassertemperatur nicht einfach senken», gibt Claudio Duschletta, Direktor im Bogn Engiadina Scuol, zu bedenken. Denn im Gegensatz zu normalen Hallenbädern sei die Wassertemperatur gerade in Mineralbädern für Patientinnen und Patienten in Therapie wichtig. «Bei uns steht die Gesundheit im Zentrum, deshalb versuchen wir in anderen Bereichen Strom zu sparen.» 

Das Aussenbecken schliessen oder dessen Temperatur senken sei auch keine Option. «Das Aussenbecken ist eine unserer Hauptattraktionen.» Eine Temperatursenkung würde diese somit einschränken. «Ich hoffe schwer, dass es nicht so weit kommt», so Duschletta.

«Wir können die Wassertemperatur nicht einfach senken.»

Claudio Duschletta, Direktor vom Bogn Engiadina in Scuol.

Dafür wurde bereits in den vergangenen Jahren viel im Bereich Gebäudetechnik optimiert. Beispielsweise investieret das Bogn Engiadina Scuol im Frühjahr 1,6 Millionen Franken in die Sanierung der Bäderlandschaft. «Wir haben einen grossen Teil der Beleuchtung auf LED umgestellt, die automatischen Beleuchtungen haben wir optimiert oder ausgeschaltet und die Belüftung reduziert.» Würde der Bundesrat eine Senkung um zwei Grad anordnen, würde jedoch auch das Bogn Engiadina dieser Forderung nachkommen, so Duschletta.

Schon viel am Gebäude optimiert: Claudio Duschletta, Direktor vom Bogn Engiadina in Scuol, hier bei den Umbauarbeiten diesen Frühling.
Schon viel am Gebäude optimiert: Claudio Duschletta, Direktor vom Bogn Engiadina in Scuol, hier bei den Umbauarbeiten diesen Frühling.
Bild Mayk Wendt

Jasmin Schnider produziert als Redaktorin Beiträge und Interviews für Radio Südostschweiz. Sie kommt aus Obersaxen und ist seit August 2020 Teil der Medienfamilie Südostschweiz.

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